GraL 2024: Jahresrückblick
Ein kraftvolles neues Jahr wünschen wir vom GraL-Team!
2025 markiert das beginnende, dritte Projektjahr in GraL und auch für dieses Jahr stehen viele kleine und große Meilensteine in unserem Forschungsprozess an. Doch an dieser Stelle möchten wir im Sinne der Fortführung der im letzten Jahr begonnenen Blog-Beitrag-Tradition einen gemeinsamen Blick zurück auf 2024 werfen, in dem einige der Aktivitäten der GraL-Mitarbeiter:innen beleuchtet werden.
Im Frühling haben wir uns an zwei Abenden mit unseren Critical Friends vom internationalen Advisory Board zu einer Präsentation und Diskussion des GraL-Forschungsprojektes in einem digitalen Meeting getroffen. Das Advisory Board setzt sich zusammen aus Prof.in Alisha Heinemann (Universität Bremen), Prof. David Gillborn (University of Birmingham), Prof. Jeff Bale (University of Toronto), Dr.in Lilia Monzó (Chapman University), Prof.in Natascha Khakpour (Pädagogische Hochschule Wien) und Prof.in Vini Lander (Leeds Beckett University). Nach einer Präsentation zu ausgewählten Aspekten aus unserer Forschung folgte ein Austausch zu theoretischen, methodischen sowie methodologischen Fragen, wie z.B. Diskussionen über die Herausforderungen im Kontext der deutschsprachigen Lehrer:innenbildungs- und Rassismusforschung unter Bezugnahme der Critical Race Theory.
Im März haben wir in Halle am DGfE Kongress 2024 zum Thema Krisen und Transformationen teilgenommen. Dort konnten wir uns im Rahmen unterschiedlicher Formate u.a. mit Themen auseinandersetzen wie z.B. zur diskriminierungskritischen Hochschullehre oder zur gesellschaftlichen Verwobenheit von Individuen in der Wahrnehmung sowie Bearbeitung von Krisen und Transformationen aus erziehungswissenschaftlichen, bildungstheoretischen oder kapitalismuskritischen Perspektiven. Aus diesen drei Tagen haben wir Promovendinnen viele Anregungen und Fragen für unsere eigenen Dissertationsprojekte mitgenommen.
Forschung zu gesellschaftlich relevanten Themen weisen auf unterschiedlichen Ebenen eine gewisse Brisanz auf. In unserem Fall – in der erziehungswissenschaftlichen Rassismusforschung – machen wir uns immer wieder Gedanken über mögliche Reaktionen auf die von uns öffentlich kommunizierten Elemente aus dem Forschungsprozess. Dankenswerterweise konnten wir diese Gedanken mit Unterstützung von Scicomm-Support im Rahmen eines Workshops im April weiter nachgehen und eine weitere Perspektive auf die Brisanz von Wissenschaftskommunikation werfen. Die realitätsnahe Simulation eines Hatestorms über soziale Medien sowie die simulierten Reaktionen darauf durch unterschiedliche Akteur:innen im Rahmen des Workshops von Scicomm-Support und conducttr hat unser Nachdenken weiter angeregt, wie man in dieser schnelllebigen digitalen Kommunikation agieren statt nur reagieren kann. Auch war die Simulation sehr hilfreich dafür, um darüber nachzudenken, was es heißt, bestimmte Erkenntnisse an welchen Orten öffentlich zu machen. Die Fragen nach Ausgestaltungen von verantwortungsbewusster Wissenschaftskommunikation begleiten uns weiterhin in unserem forscherischen Tun.
Weiter im Modus einer reflexiven Auseinandersetzung mit unserem Forschungshandeln haben wir im Juli an zwei Tagen die Gelegenheit bekommen, einen Workshop mit Prof.in Annita Kalpaka zu organisieren. Hier konnten wir zusammen mit den Forschungsprojekten WueRD und WinRa-West sowie weiteren Mitarbeiter:innen aus der AG 10 Migrationspädagogik und Rassismuskritik über die eigene Rolle als Forscher:in im Bereich der rassismuskritischen Forschung in eine reflexive Auseinandersetzung gehen. Den Bericht zum Workshop "Reflexionen in rassismuskritischer Forschung" von Prof.in Kalpaka findet ihr unter dem Hyperlink.
Neben den GraL-Internen Diskussionen, Analysen und Besprechungen von empirisch erhobenem Material in den Teilprojekten der Interviewstudie sowie der Dokumentenanalyse fanden dieses Jahr auch drei mehrtägige Kooperationsstreffen zwischen GraL und der BMBF-geförderten Nachwuchsgruppe „Kontinuitäten und Neuformierungen von institutionellem Rassismus in der Schule“ (KoNIR) statt. Die Treffen in Bielefeld und Flensburg dienten der gemeinsamen Analyse von Datenmaterial, der Diskussion vorläufiger Zwischenergebnisse und der Besprechung method(olog)ischer Fragen. Außerdem haben wir zusammen mit KoNIR an der Konzeptwicklung für unser gemeinsames Podcastprojekt gearbeitet. Wir haben z.B. diskutiert, inwiefern eine Zielgruppenbestimmung selbst im Rahmen einer Podcastfolge problematisiert werden könnte, um dabei Fragen nach Repräsentation sowie nach Fremd- und Selbstzuschreibungen im Zusammenhang zu gesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsverhältnissen zu diskutieren. Wir freuen uns auf weitere produktive und kulinarische Treffen mit unseren Kolleg:innen aus Flensburg.
Zwar noch nördlich von Bielefeld, aber eher Richtung Osten haben zwei GraL-Mitglieder gemeinsam mit dem vom BMBF geförderten Projekt ORAS einen Vortrag zum Thema „(Institutioneller) Rassismus und Rassismuskritik in Lehrer:innenbildung und Schule. GraL und ORAS" gehalten. Unsere Kooperationspartner Dr. Michael Dobstadt und Johannes Köck haben die Veranstaltung im Rahmen des "Netzwerk Sprach(en)bildung an der TU Dresden" organisiert, sodass wir erste Forschungseindrücke vorstellen und diskutieren konnten.
Im September hat Jocelyn Dechêne, assoziiertes Mitglied in GraL, in Kooperation mit David Untersmayr vom Paulo Freire Zentrum Wien, Dr.in Birge Krondorfer von der Frauenhetz und Dr. Jan Niggemann vom Österreichischen Institut für Erwachsenenbildung die Podiumsdiskussion “Der „Akt der Liebe“ als „Akt der Befreiung“?!” im Audre Lorde Studio, C3 – Centrum für Internationale Entwicklung in Wien veranstaltet. Jocelyn Dechêne eröffnete die Diskussion mit einem Impulsvortrag zu ihrem politischen Liebesverständnis aus rassismus- und kapitalismuskritischer sowie feministischer Perspektive.
GraL wurde in 2024 auch noch vom Arbeitsstab der Antirassismusbeauftragten der Bundesregierung und Staatsministerin, Reem Alabali-Radovan, zum 'Forum gegen Rassismus' in Berlin eingeladen. Das Forum ist ein langjähriges bundesweites Gremium, das Raum bietet für einen Austausch zwischen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteur:innen zu unterschiedlichen Aspekten von Rassismus. Von Keynotes bis hin zu Projekt- und Praxisberichten sowie Workshops und Podiumsdiskussionen gab es einen Blumenstrauß unterschiedlicher Formate zu verschiedenen Themen rund um Rassismus im Handlungsfeld Schule. Im Rahmen des Workshops „Rassismuskitische Professionalisierung von Lehrkräften“ hielt GraL-Projektmitarbeiterin Roya Saadati Fashtomi einen Impulsvortrag zur Bedeutung einer rassismuskritischen Empfindungsfähigkeit als Element pädagogischer Professionalisierung und stellte dabei einige Zwischeneindrucke aus GraL vor. Unter der Moderation von Çiğdem İpek (aus dem Arbeitsstab der Antirassismusbeauftragten) diskutierten die Teilnehmenden gemeinsam mit JProf.in Meike Bonefeld (Universität Freiburg), die ebenfalls einen Impulsvortrag hielt, Herausforderungen und Umsetzungshürden bei der Etablierung rassismuskritischer Ansätze in Schule und Lehrer:innenbildung. Der Workshop bot wertvolle Denkanstöße und konkrete Perspektiven für die Weiterentwicklung einer rassismuskritischen pädagogischen Praxis.
Alles in allem war es ein sehr ereignisreiches Jahr. Wir sind dankbar für die Möglichkeit in der gegenwärtigen Zeit vor dem Hintergrund der (welt-)politischen Lage solch ein Forschungsprojekt durchzuführen. Dabei setzen wir uns auch stets mit der Frage auseinander, wie man zu Gewaltverhältnissen unter Bedingungen von Gewalt forschen kann.